Lasst uns zukunftsfähige Kleingartenanlagen entwickeln!
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Beitrag von Frau Elisabeth Schwab
Die jüngsten Entwicklungen in unserem Bezirk, wie beim Späthschen Dreieck, dem IEK Plänterwald oder einer geplanten Straßenbahntrasse durch Treptow zum Potsdamer Platz, haben uns gezeigt, dass der Druck auf die Kleingärten ganz konkret existiert und immer mehr zunimmt.
Gleichzeitig nimmt die Akzeptanz der Kleigartenanlagen in der Stadtgesellschaft ab. In den Augen der benachbarten Bürger und Bürgerinnen werden Kleingärten nicht als Bereicherung gesehen, sondern eher als problematische Nutzung.
Hier beispielhaft einige Zitate aus dem Online-Bürgerbeteiligungsverfahren des Innenentwicklungskonzeptes (IEK) Plänterwald:
„ …. empfinde ich Kleingärten oft als sehr abgeschottet. Jedes Mal, wenn ich hineingehe, habe ich das Gefühl, als würde ich auf privates Gelände treten. Warum gibt es keine Kleingärten mit einem offenen Gemeinschaftsbereich, der allen zugänglich ist? Zum Beispiel ein Spielplatz oder eine Grünfläche, die von der Kleingarten-Community gepflegt wird – schließlich ist es ein Privileg, in einer dicht besiedelten Stadt wie Berlin einen eigenen Garten zu haben.“
„Könnten die Kleingärten nicht insgesamt etwas offener und einladender gestaltet werden? Aktuell wirken sie für Außenstehende eher verschlossen.“
„… in diesem Gebiet ein extrem hoher Grundstücksanteil für private Kleingärten gesperrt ist. Ich hätte viele dieser Grundstücke gerne geöffnet, zum Beispiel als gemeinschaftlich zu nutzendem Park ...“
„Bezahlbarer Wohnraum für Familien aus dem Kiez ist einfach wichtiger als die privilegierten Kleingärten der Boomer.“
Diese Meinungen sollten wir ernst nehmen. Wir müssen die Stadtgesellschaft auf unsere Seite bringen um in Zukunft fortbestehen zu können. Um unsere Kleingärten auch in der Zukunft zu erhalten, können und müssen wir selbst aktiv werden.
Drei Punkte stehen in unserem Aufgabenheft:
- Einhaltung des Bundeskleingartengesetzes insbesondere der kleingärtnerischen Nutzung und der Gartenordnung
- Erhöhung der biologischen Vielfalt
- Öffnung der Kleingartenanlage in die Stadtgesellschaft
Was bedeutet das konkret?
Einhaltung des Bundeskleingartengesetzes
Das Kernstück des Bundeskleingartengesetzes ist die kleingärtnerische Nutzung. Sie begründet auch die niedrige Pacht unserer Grundstücke. Nehmt den Anbau von Obst und Gemüse ernst. Wir müssen diese nicht nur am Tag der Gartenbegehung gegenüber den Vertretern des eigenen Vorstandes oder des Verbandes nachweisen, sondern ganzjährig gegenüber der Öffentlichkeit, den Grundstückseigentümern, den Nachbarn aus dem Wohngebiet, aber auch gegenüber denen, bei denen die Kleingärten Begehrlichkeiten Richtung Bebauung wecken.
Auf dem Verbandstag des Bezirksverbandes im Oktober 2024 war die drohende Auflösung der KGAs und Wohnbebauung wichtiges Thema. Hierzu äußerte sich die Verbandsjuristin mit dem sehr eindringlichen Appell: „Halten Sie sich an das Bundeskleingartengesetz, sonst sind Sie Ihre Anlage los. Das geht dann schneller als Sie denken!“
(Zitat aus dem Infobrief der KGA Parkstraße)
In vielen Anlagen wurde in der Vergangenheit ziemlich großzügig mit der Auslegung der Kleingartenregeln umgegangen. Es wurde über viele Dinge hinweg geschaut und Anbauflächen sehr locker bewertet auch um den inneren Frieden im Verein zu wahren. Diese Großzügigkeit werden wir uns zukünftig nicht mehr erlauben können, wenn wir die Anlage nicht zusätzlich gefährden wollen. Deshalb der Appell an alle Unterpächterinnen und Unterpächter sich proaktiv und eigenständig um die Einhaltung der kleingärtnerischen Nutzung zu kümmern und nicht auf eine Abmahnung durch die Begehungen zu warten.
Im Einzelnen heißt das unter anderem für jeden und jede:
- Baut, wenn immer möglich, mehr Gemüse an, vor allem wenn ihr euch am unteren Rand der geforderten Fläche bewegt. 30 Prozent der Gartenfläche sollen Obst und Gemüse sein. „Kreative“ Berechnungsmethoden helfen uns jetzt nicht mehr weiter.
- Warum Gemüse in den hinteren Bereich verstecken? Baut das Gemüse offensiv vorne und gut sichtbar an. Gemüse das als Alibi in einer hinteren Ecke nicht einsehbar angebaut wird, ist in der jetzigen Situation sinnlos.
- Achtet darauf, dass eure Hecken so niedrig oder licht sind, dass der Garten einsehbar ist. Vorgeschrieben sind 1,25 m an den inneren Wegen und 2,50 m an den Straßen.
- Denkt daran dass die Lauben wirklich einfach sein sollen und der Garten nach typischem Kleingarten aussieht. Mini-Eigenheime mit dem entsprechenden Ziergarten entsprechen nicht diesem Leitbild, auch wenn sie noch so gut gepflegt sind.
Für die Vorstände der Vereine heißt das:
- Nehmt Gartenbegehungen ernst und achtet auf die Vorgaben des Bundeskleingartengesetzes.
- Übrigens, wie oft ein Rasen gemäht werden muss und wieviel Löwenzahn als Bienenweide stehen gelassen werden kann, steht nicht im Kleingartengesetz, wohl aber wieviel Fläche versiegelt werden und wie eine Laube auszusehen hat.
Erhöhung der biologischen Vielfalt
Wir Kleingärtner und Kleingärtnerinnen, unsere Verbandsorganisationen und auch Teile der Politik argumentieren immer wieder mit der ökologischen Wertigkeit der Kleingärten, wenn es um deren Erhalt geht. Von einer echten Wertigkeit sind wir oft noch weit entfernt. Daher ist es enorm wichtig, dass wir diese Wertigkeit schnell und mit voller Kraft erhöhen. Eine hohe Biodiversität, seltene Arten und aktiver Naturschutz helfen nicht nur der Natur sondern auch dem Erhalt unseren Anlagen.
Was können wir tun?
- Kleinstbiotope schaffen wie Käferburgen, Sandarien, Teiche, Nisthilfen für Vögel und Insekten, Totholzhaufen ….. die Liste ließe sich endlos fortführen.
- Tiere und Pflanzen beobachten und die Beobachtungen dokumentieren. Gerne können solche Beobachtungen auf der Webseite der Vereine veröffentlicht werden. (siehe Schlingnatter in KGA Rathaus Treptow). Oder man kann die App „Artenfinder“ benutzen um diese über die Anlage hinaus zu dokumentieren.
- Naturnah gärtnern (torffrei, ohne chemische Pestizide und synthetische Dünger wie Blaukorn, Nutzung von Pflanzenjauchen und Brühen etc.)
- Einbeziehung von Wildstauden und einheimischen Gehölzen statt Thuja und Co.
- Am mähfreien Mai teilnehmen oder Mähinseln stehen lassen.
Wohlgemerkt, keiner wird gezwungen naturnah zu gärtnern oder seine jahrelang praktizierte Bewirtschaftungsweise umzustellen. Aber bitte lasst es zu, dass es andere tun. Es schadet nicht nur dem Koloniefrieden sondern auch der Zukunftssicherung unserer Anlage, wenn Menschen ausgebremst werden, die sich um Artenvielfalt bemühen.
Mehr Infos dazu beim Bundesprojekt „Kleingärten für biologische Vielfalt“ https://kleingaerten-biologische-vielfalt.de/, dem Projekt „Tausende Gärten Tausende Arten“ https://www.tausende-gaerten.de/, auf der Seite des Landesverbandes, bei Schulungen in den verschiedenen Bezirksverbänden sowie bei der Gartenfachberatung in der Anlage.
Öffnung der Kleingärten
Wer bei der Bürgerbeteiligung für das IEK Plänterwald sich ein bisschen in Posts eingelesen hat, die sich eher kritisch gegenüber den Kleingärten äußerten, wird folgendes verstanden haben: Öffnung der Kleingärten heißt nicht nur am Tag die Tore auch hinten zu öffnen, so dass Gäste hindurchgehen können. Öffnung heißt auch Einbeziehung der Stadtgesellschaft und der Anwohner in unser Vereinsleben. Das kann zum Beispiel sein:
- Kurse und Schulungen, die auch Menschen ohne Garten aus dem Wohngebiet interessieren wie Giftpflanzen oder essbare Wildkräuter
- Bereiche in der Anlage mit Sitzgelegenheiten etc. ausstatten um angenehme, schattige Aufenthaltsorte zu schaffen
- Einen Garten als Gemeinschaftsparzelle gestalten mit Sitzmöglichkeiten, Schnupperhochbeeten oder Urbangardening-Beeten für die Anwohner
- Umweltbildungsbildungsbereiche wie Kräuterbeete mit Beschilderung und QR Codes mit Rezepten auf Rahmengrün-Flächen
- Kooperationen mit Einrichtungen im Wohngebiet
- Jährlich Tag des offenen Gartens mit Kaffee und Kuchen in verschiedenen Parzellen
- Gartenfachliche und praktische Unterstützung bei Gartenprojekten im Wohngebiet
- Vormittäglicher Seniorensportkurs auf der Festwiese
- Kinderfest mit Umweltbildungsangeboten auch für die Kinder der umliegenden Wohngebiete
- und und und …..
Hierfür gibt es Fördergelder und Beste-Praxis-Beispiele. Wir müssen es nur anpacken. Je mehr wir im Wohngebiet verwurzelt sind, desto mehr Unterstützer haben wir, wenn es hart auf hart kommt.
Eines können wir aber nicht: Abwarten.
Dafür ist es schon spät. Also lasst es uns anpacken und unsere Hausaufgaben machen, damit alle sagen können: „Ja, Kleingärten sind für unsere Stadtgesellschaft enorm wichtig und wertvoll.“
Dipl.-Ing. Elisabeth Schwab
Gartenfachberaterin KGA Rathaus Treptow