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Die Bedeutung des Zwischenpächters aus Sicht des Bezirksverbandes Treptow
Berlin ist zweifellos eine der bedeutenden Quellen für die historisch gewachsene deutsche Kleingärtnerbewegung. Hier waren es die Kleingärtner selbst, die in Auseinandersetzung mit Bodeneigentümern, Generalpächtern und den Regierenden viel für die Organisation und Interessenvertretung der Pächter geleistet haben.
Diese Initiativen, begonnen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, fanden ihren Höhepunkt in der Gründung der „Vereinigung sämtlicher Pflanzervereine Berlins und Umgegend“ am 9. Februar 1901. Zu den acht Unterzeichnern gehörte auch der Treptower Pflanzerverein „Ohm Paul“. Die beschlossene Organisationsform stellte die Weichen für das Wirken der Gliederungen eines gemeinnützigen Berliner Kleingartenwesens.
Der daraus erwachsene Satzungsauftrag für eine sozialpolitische Ausrichtung des Kleingartenwesens gilt bis heute. Damit soll all denen die Nutzung eines Gartens ermöglicht werden, die sich dies aufgrund ihres Einkommens nur auf Pachtland und zu sozial verträglichen Bedingungen leisten können oder wollen. Im Gegenzug müssen sie bereit sein, gesetzlich geforderte und auch zulässige Nutzungseinschränkungen in Kauf zu nehmen.
Vor kurzem konfrontierte mich ein „Modernisierer“ des Kleingartenwesens mit der Ansicht, das derzeitige Zwischenpachtprinzip sei obsolet geworden und der Zwischenpächter zum Erfüllungsgehilfen des Grundstückseigentümers degradiert. Einer derartigen Meinung haftet der untrügliche Geruch des VDGN an, und die Äußerung zeugt davon, dass deren Vertreter fernab der eigentlichen Interessen des Kleingartenwesens steht und keine Ahnung hat von den Aufgaben und Leistungen eines Bezirksverbandes als Zwischenpächter.
Dem Verband der Gartenfreunde Treptow geht es darum, auf der Basis zweiseitiger Vertragsverhältnisse mit Rechten und Pflichten kommunale Fürsorge und Förderung für das Kleingartenwesen zu sichern. Wir bringen uns als Partner und nicht als Bittsteller oder gar als Erfüllungsgehilfe ein, wenn es gilt, Politik und Verwaltung bei der Entwicklung kommunaler Strategien in ökologischer, wirtschaftlicher, städteplanerischer und sozialer Hinsicht zu unterstützen und zu beraten.
Gleichfalls erwarten und fordern wir von den politischen Entscheidungsträgern, dass sie nicht am Status des Kleingartenwesens kratzen, die vielfältige Bedeutung der grünen Flächen für die Stadt anerkennen und das durch weitgehend dauerhafte Sicherung zum Ausdruck bringen.
Der Verband pflegt deshalb eine intensive Zusammenarbeit mit Fraktionen der Bezirksver-ordnetenversammlung sowie zu Mitgliedern des Abgeordnetenhauses. Die inhaltliche abgestimmte Arbeitsplattform dafür sind die„Grundsätze des Bezirksverbandes der Gartenfreunde Berlin-Treptow e.V. 2007 bis 2011“. Auf dieser Basis ist ein intensiver Prozess wechselseitiger Information und Aufgabenbewältigung zwischen Bezirksverband und kommunalen Vertretern entstanden - mit bisher guten Ergebnissen für das Treptower Kleingartenwesen.
Längst nicht alle Fragen sind gelöst, und man braucht nur an Stichworte wie Globalisierung und Klimawandel zu denken, schon ließe sich ein ganzer Sack von Problemen aufmachen, die auch das Berliner Kleingartenwesen berühren. Das zu erkennen und beim Namen zu nennen ist eine Sache. Daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, zukunftsweisende Maßnahmen für das Kleingartenwesen zu entwickeln und umzusetzen ist die andere, unabdingbare Notwendigkeit. Kooperationsbereitschaft und Kompromissfähigkeit aller Beteiligten gehören dazu.
Da schmerzt es umso mehr, wenn es aus Amtsstuben schallt, das Soziale im Kleingartenwesen habe doch nicht mehr die Bedeutung wie früher, und heute wolle doch keiner mehr ernsthaft einen Garten auf der Grundlage des Bundeskleingartengesetzes pachten. Oder wenn Kleingartenanlagen überwiegend nur dann stadtplanerische Beachtung finden, wenn es um deren anderweitige Nutzung geht. Das Treptower Beispiel der KGA Reichsbahn Adlershof ist nur eines von vielen.
Welche Rolle das Bundeskleingartengesetz in der kommunalen Planung spielt, zeigt sich auch darin, dass kategorisch die planungsrechtliche Sicherung von Kleingartenflächen auf privatem Grund und Boden abgelehnt wird. Dies steht im krassen Widerspruch zu der Studie „Städtebauliche, ökologische und soziale Bedeutung des Kleingartenwesens“, die das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 2008 veröffentlichte. Da heißt es: „Soll das Kleingartenwesen … seine Funktionen erfüllen, bleibt es auf kommunalpolitischer Ebene deshalb weiterhin eine wichtige Aufgabe, Flächen für die kleingärtnerische Nutzungen planungsrechtlich zu sichern.“
Diese Gegenüberstellung von Theorie und Praxis lässt ernsthafte Zweifel aufkommen, ob die Bedeutung des Kleingartenwesens für das Grünsystem des Bezirkes und auch der Stadt den politischchen Verantwortungsträgern bewusst ist und ob die Kleingärten für Stadtplanung und Städtebau tatsächlich eine Rolle spielen. Trotz aller Unkenrufe sind Kleingärten in weiten Teilen der Bevölkerung „in“. Sie wirken einer ungehemmten Versiegelung kostbaren Bodens entgegen. Im Kleingarten lässt sich nicht nur Obst und Gemüse ganz nach dem eigenen Geschmack anbauen, er kann weitgehend nach Belieben gestaltet werden. Dort findet die heimische Pflanzen- und Tierwelt einen Lebensraum, der zum Erhalt der Arten beiträgt. An der Vielfalt der gestalteten, öffentlich zugänglichen grünen Oasen inmitten der Bezirke Berlins erfreuen sich Nutzer und Besucher gleichermaßen. Und von der vielbeklagten sozialen Armut der Großstadt ist im Kleingartenleben keine Rede. Kontakt untereinander, Erfahrungsaustausch, der Plausch über den Gartenzaun, Beteiligung an der Gemeinschaftsarbeit, an vielfältigen Feiern und Festen sind die Regel.
Alle Grünflächen einschließlich der Kleingärten tragen zur Berliner Lebensqualität bei. Sie sind unverzichtbarer Bestandteil der Stadtentwicklung und mitentscheidend dafür, welche öffentliche Wertschätzung kommunale Wohnquartiere erfahren. Allerdings ist es notwendig, dass Politik und Verwaltung offen dafür sind, die ökologische, soziale, pädagogische, städte-planerische, wirtschaftliche und gesundheitsfördernde Bedeutung der Kleingärten zu erkennen und das aktiv ins politische Tagesgeschäft einzubringen.
Solche Prozesse zu fördern, dafür steht die Organisationsgliederung Zwischenpächter. Der Bezirksverband der Gartenfreunde Treptow wird sich auch weiterhin dafür engagieren, den Kleingärten in seinem Verantwortungsbereich eine gesicherte Perspektive zu geben und die gesellschaftliche Akzeptanz des Kleingartenwesens zu erhalten und nötigenfalls zu stärken. Unsere Ausrichtung dabei ist eindeutig. Wir sind die seriösen Interessenvertreter der Kleingärtner - ganz im Sinne der Väter des organisierten Berliner Kleingartenwesens.
Günter Landgraf
1. Vorsitzender BV-Treptow
Obenstehender Beitrag ist erschienen im Gartenfreund April 2009, Seite 4/16 - 4/17