Entstehung der Kleingärten in Berlin und Treptow (1896)

Treptow 1896

Die Entstehung des Kleingartenwesens in Berlin ist untrennbar mit den sozialen Problemen, insbesondere mit den Wohnbedingungen, in der schnell wachsenden Industriestadt Berlin und dem Werden und Wachsen Berlins verbunden.

Bereits 1895 gab es rund 40.000 Laubenkolonisten in Berlin.

Während bereits um 1862 in Kreuzberg die ersten Armengärten durch den Magistrat von Berlin eingerichtet wurden, schlossen sich in den 6 Landgemeinden, die 1920 den Bezirk Treptow bilden sollten, gleichgesinnte Bürger zu Vereinen zusammen, um der Tristes der Großstadt zu entfliehen. In erster Linie entstanden die Kleingartenkolonien auf den Flächen, die vorerst nicht für die Bebauung vorgesehen waren, außerhalb der Stadtgrenzen lagen und die verhältnismäßig günstig zu erreichen waren. Die öffentllichen Verkehrsmittel waren noch nicht in die späteren Ortsteile vorgedrungen. Droschken u.ä. fuhren in der Regel nur an den Wochenenden, um die Ausflügler zu den Lokalen zu transportieren. Fahrräder waren für die meisten noch unerschwinglich - also kam für die ersten Pflanzerkolonien und Laubenanlagen nur Gelände in Wohnnähe in Frage.

1911 waren auf "...Treptower Gebiet hinter dem Treptower Park an der Neuen Krugallee bereits 200 Hektar städtisches Land für Kleingärten vorgesehen und davon bereits 120 Hektar mit 4800 Lauben besiedelt..." Zur Gewerbeausstellung 1896 fuhren vier Straßenbahnlinien bis zum Tunnelplatz bei "Zenner" und der Straßenbahnhof am jetzigen Bahnhof Plänterwald wurde 1901 in Betrieb genommen, jedoch fuhren erst viele Jahre später die Straßenbahnen durch die Neue Krugallee weiter in Richtung Köpenick. Außerdem gab es auch Straßenbahnverbindungen von Köpenick nach Johannisthal und nach Alt-Glienicke, jedoch hatte das keine positiven Auswirkungen für die Kleingärtner.

1905 fuhren zwar die ersten Omnibusse mit Verbrennungsmotoren, die sogenannten Automobil-Omnibusse, jedoch gab es in Treptow im Jahre 1914 noch keine Linie. Der letzte Pferdeomnibus fuhr am 25.8.1923. 1925 wurde zwar am Schlesischen Busch ein Omnibusbetriebshof gebaut, aber eine Omnibuslinie wurde erst 1928 vom Schlesischen Tor zum Rathaus Treptow verlängert. Für die Kleingartenbewegung hatte sie aber keinerlei Bedeutung. Große Bedeutung hatte dagegen die S-Bahn, die die Trasse der Görlitzer Eisenbahn nutzte und nach der Elektrifizierung 1929 auch eine dichtere Zugfolge erlaubte.

Die Anfänge der Laubenkoloniebewegung sind eng mit den Generalpächtern verbunden. Die Generalpächter ersteigerten das Nutzungsrecht von brach liegendem Gelände für möglichst wenig Geld von den Grundbesitzern, um es dann zu hohen Pachtpreisen wieder an die licht- und lufthungrigen Großstädter zu verpachten. Bereits bei der Ersteigerung der Nutzungsrechte wurde durch den Generalpächter das erste Geld verdient. So wurden beispielsweise 1905 für 538 Quadratruten ( = 7632 m² ) an der Neuen Krugallee bei einem Erstgebot von 350 Mark der Zuschlag bei 505 Mark erteilt. Die sich daraus rechnerisch ergebenden 7 Pfennig/m² waren dann aber nicht die Pacht, denn der Generalpächter wollte verdienen und schlug mindestens 3 Pfennige auf.

Dazu kam noch, dass die Generalpächter in allen Kolonien Kantinen einrichteten und nur solche Pflanzer duldeten, die möglichst viel bei ihnen verzehrten. Der Schnaps- und Bierverbrauch war entsprechend hoch. Bezeichnend für die damalige Situation ist der Wortlaut der entsprechenden Paragraphen aus der Satzung:

§ 8 Der Pächter verpflichtet sich ausdrücklich, seinen etwaigen Bedarf an Getränken usw., welche er für sich und seine Angehörigen auf dem Acker braucht, nur allein vom Verpächter oder dessen Beauftragten zu entnehmen. Zwischenhandel mit Bier und geistigen Getränken usw. unter den Pächtern, sowie Lieferung derselben von anderen Konkurrenten ist unter allen Umständen streng verboten.

§ 9 Zuwiderhandlungen gegen die in den voraufgeführten Paragraphen gestellten Bedingungen berechtigen den Verpächter zur sofortigen Entziehung der gepachteten Parzelle und darf Pächter bei Vermeidung der Exmission dieselbe nicht mehr betreten, und geht derselbe seiner bis dahin gezahlten Pacht verlustig, einschließlich aller auf dem Acker befindlichen Anpflanzungen, Lauben usw. ohne Anspruch auf Entschädigung. Alle Aufwendungen verfallen ohne jeden Einwand und ohne gerichtliche Entscheidung dem Verpächter als Konventionalstrafe.

Als diese Zustände in der Öffentlichkeit bekannt wurden, erregten sie einen Sturm der Entrüstung, der die Stadtverwaltung im Jahre 1908 dazu veranlasste, den Generalpächtern den Ausschank oder Vertrieb von geistigen Getränken zu verbieten. Zwar verschwanden die Kantinen bzw. wurden umbenannt, der Ausschank aber blieb. Während des Krieges nahm die Nachfrage nach Land zu kleingärtnerischer Nutzung sprunghaft zu. Die vermehrte Nachfrage führte zu höheren Pachtpreisen. Zur Verbesserung der schwierigen Ernährungsverhältnisse während des Krieges wurde mit einer Fülle von Kriegsverordnungen versucht, Abhilfe zu schaffen.

Mit dem Ende des Krieges 1918 verloren diese Verordnungen aber ihre Gültigkeit und die alte Misere begann von neuem. Außerdem waren durch den Tod von vielen Pächtern erhebliche Schwierigkeiten in den Vereinen entstanden, die durch die Ablehnung der Gleichberechtigung der Frauen in den Vereinen noch verstärkt wurde.

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